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Digitalisierung an Remscheider Schulen voranbringen

Antrag für die Sitzung des Ausschusses für Schule am 27. Mai 2020 und die Sitzung des Haupt-, Finanz- und Beteiligungsausschusses am 28. Mai 2020

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Mast-Weisz,

die Fraktionen und Gruppen von SPD, Bündnis 90/Die GRÜNEN und FDP stellen in den o. g. Sitzungen folgenden Antrag zur Abstimmung:

Vor dem Hintergrund der Corona-Krise wird die Verwaltung beauftragt unter Einbeziehung externer Expertinnen und Experten beauftragt zu prüfen, wie das Homeschooling möglichst kurzfristig für alle Remscheider Schülerinnen und Schüler gleichermaßen sichergestellt werden kann. Unabhängig von der Corona-Krise wollen wir die Lernumgebung aller Remscheider Schülerinnen und Schüler entsprechend ihrer Bedarfe digitalisieren. Digitales Lernen und digitaler Schulbetrieb sollen künftig durch eine zunehmende Vielfalt von digitalen Medien ermöglicht und unterstützt werden. Wir bitten daher um Prüfung der folgenden Punkte, um dieser Zielvorstellung gerecht zu werden:

1. Alle Schülerinnen und Schüler an allen weiterführenden Schulen erhalten ab der SEK I Zugang zu technischen Endgeräten, die eine individuelle Mitarbeit ermöglichen.

– Alle Schülerinnen und Schüler müssen Zugang zu einem Tablet mit Tastatur und Stift haben.
– Für Schülerinnen und Schüler stehen im Bedarfsfall die entsprechenden Endgeräte zur Verfügung.
– Um Ungleichheiten zu vermeiden muss das in allen Kommunen gleich geregelt sein, daher müssen Land und Bund die Finanzierung dazu sicherstellen.

2. Die Digitalisierung muss bereits in der Grundschule angebahnt werden; dazu sind altersgerechte Konzepte zu nutzen. Für diese Nutzung müssen die Grundschulen und deren Schülerinnen und Schüler ausgestattet und Grundschullehrkräfte ausgebildet werden.

– Der Umgang mit digitalen Medien muss als eine Kernkompetenz aller wahrgenommen werden.
– Dafür müssen die Schülerinnen und Schüler der Grundschule gemeinsam mit Eltern begleitet werden.
– Allen Schülerinnen und Schülern und deren Eltern stehen Aufklärungsangebote zur digitalen Bildung und Medienerziehung zur Verfügung.

3. Lehrerinnen und Lehrer sind im Einsatz mit der technischen Hardware und im Umgang mit schulbezogener Software geschult

– Für Lehrerinnen und Lehrer sollten ausreichend Fortbildungsmöglichkeiten zur digitalen Unterrichtsgestaltung auch über die kommunalen Kompetenzteams angeboten werden.
– Für Fortbildungsmaßnahmen ist das entsprechende Personal zwingend notwendig.

4. Hochwertiger Informatikunterricht auf allen Niveaustufen kann an jeder weiterführenden Schule angeboten werden

– Für jede Schülerin und jeden Schüler stehen für den Informationsunterricht in Fachräumen eigene Endgeräte zur Verfügung, die die besonderen Anforderungen des Informatikunterrichts abbilden. Mitunter sind andere technische Endgeräte als im Regelunterricht notwendig.
– An allen Schulen und Schulformen besteht die technische Ausstattung, ausreichend Informatikunterricht anzubieten.

5. Klassen genauso wie Schülerinnen und Schüler können einheitliche Cloudsysteme nutzen und darüber verwaltet werden

– Insellösungen an einzelnen Schulen/Schulformen sind zu vermeiden, denn sie führen zu erhöhtem Aufwand bei der Wartung und dem technischen Support.
– Sie erleichtern Schulwechsel sowohl der Schülerinnen und Schüler als auch der Lehrerinnen und Lehrer
– Weiter- und Fortbildung für Lehrerinnen und Lehrer einfacher zu organisieren (es braucht nicht 10 unterschiedlich konzipierte Seminare für unterschiedliche Systeme).
– Es wird daran gearbeitet einheitliche und rechtssichere Cloudsysteme auf Landesebene umzusetzen.
– Die bereitgestellten Cloudsysteme und digitalen Lernplattformen verfügen über die Schnittstellen für die Digitalangebote der Schulbuchverlage

6. Die digitale Infrastruktur muss die o. g. schulischen Notwendigkeiten technisch ermöglichen und ihre Wartung muss an allen Schulformen und Schulstufe gesichert werden

– Die Beschaffung von Hardware muss seitens der Verwaltung mit ausreichend Personal sichergestellt werden.
– Der Support sowohl der Soft- als auch der Hardware an den Schulen muss professionalisiert werden.
– Aufgaben werden nicht mehr auf Lehrkräfte übertragen, sondern es werden Stellen geschaffen, die die Beschaffung, Betrieb, Wartung und Reparatur besorgen können.
– Einstellen von schulfremdem Personal zu diesem Zwecke darf nicht auf Kosten anderer Stellenbedarfe gehen.
– Jede Schule ist mit flächendeckendem WLAN ausgerüstet.
– Jede Schule verfügt über die Bandbreite, um alle Lernenden, Lehrerinnen und Lehrer und Verwaltung mit ausreichend Netzgeschwindigkeit zu versorgen.
– Die Stadt einen zentralen Server für alle Schulen zur Verfügung.
– Die Lizenzen für Arbeits-, Lern- und anderer Software werden gestellt.

7. Lernenden stehen in den einzelnen Stadtquartieren Lernräume in sogenannten Dritten Orten zur Verfügung, die das schulische Angebot flankieren

– Die Stadtbibliothek, die Stadtteilbibliotheken und die Stadtteilzentren sollen auch Lern- und Rückzugsraum sein, wenn es zuhause keine Rückzugsmöglichkeiten, keine technische Ausstattung oder WLAN gibt.
– Das Konzept des Dritten Ortes wird umgesetzt und es stehen öffentliche Lernorte zur Verfügung
– Druckmöglichkeiten stehen während des Übergangs zum echten digitalisierten Unterricht zur Verfügung.
– Die Verwaltung wird aufgefordert die Umsetzung der o.g. Vorschläge zu prüfen.

8. Die Verwaltung wird gebeten, über den Einsatz der digitalen Arbeits- und Kommunikationsplattform LOGINEO, die das Land NRW den Schulen zur Verfügung stellt, in Remscheid zu berichten und notwendige Weiterentwicklungen zu benennen.

9. Es werden Verhandlungen mit Bund und Land über die Möglichkeiten zur Finanzierung aufgenommen.

10. Es wird eine Lenkungsgruppe mit Mitgliedern aus Politik, Verwaltung und Vertretern der Schulen eingerichtet, die sich unter Hinzuziehung von externem Sachverstand mit der Digitalisierung in den Schulen befasst.

Begründung:

Die Corona-Krise legt langbestehende strukturelle Mängel in der digitalen Schullandschaft offen. Mit der aktuellen Ausstattung an digitaler Infrastruktur kann weder aktuell noch in Zukunft ein angemessener digital gestützter Unterricht an allen Schulen und Schulformen gewährleistet werden. Auch der 2017 beschlossene Medienentwicklungsplan ist nur ein Schritt in die richtige Richtung, löst aber die bestehenden strukturellen Defizite perspektivisch nicht. Ohne eine Anpassung des Medienentwicklungsplans begleitet durch ein stringentes Digitalisierungskonzept kann Remscheider Schülerinnen und Schüler nicht der Unterricht geboten werden, der für das 21. Jahrhundert angemessen ist. Letztlich wird eine mangelnde Reaktion bestehende soziale Unterschiede während der Corona-Krise aber auch danach weiter verstärken.

Insbesondere Kinder mit schwachen wirtschaftlichen Hintergründen fallen aktuell weiter zurück, da sie nicht nur weniger substanzielle Unterstützung bei der Strukturierung und Bearbeitung ihrer Lernpläne haben, sondern auch oft nicht über ein eigenes Endgerät verfügen, mit dem sie sinnstiftend zuhause lernen können. Hier müssen vor allem auch die Kinder mit Inklusionsbedarf berücksichtigt werden. Deshalb ist die Forderung nach einer Bereitstellung von Lern- und Arbeitsmittel wichtig. Darüber hinaus schafft man damit die Voraussetzung auch im Regelbetrieb – nach Corona – wirklich digitalisierten Unterricht durchzuführen, anstatt z.B. nur das Präsentationsmedium Kreidetafel durch das Medium Beamer zu ersetzen.

Was Schülerinnen und Schüler und Schule wirklich brauchen, um im 21. Jahrhundert auf Augenhöhe mit anderen Industrieländern lernen zu können, ist die Möglichkeit im eigenen Tempo Input, Instruktionen und Anleitungen zu folgen (Beispiel – Lernkonzept: “flipped-classroom”). Das so erarbeitete Wissen kann dann kollaborativ, cloud-gestützt in der Schule umgesetzt und auf Neues übertragen werden. Auch die Diskussion neuer Erkenntnisse, Meinungen und Haltungen muss in der digitalisierten Schule ortsungebunden ermöglicht werden. Diese Lernprozesse müssen Schülerinnen und Schüler auch in Remscheid ergänzend zum analogen Unterricht auch digital zur Verfügung stehen.

Wie der aktuelle Medienentwicklungsplan der Stadt Remscheid zeigt, schöpft die Kommune als Träger bereits ihr finanzielles Limit aus, um die Digitalisierung der Schulen voranzutreiben. Allein 2020 werden nach Plan 988.445€ investiert und zusätzlich 452.400€ für konsumtive Aufgaben wie Wartung und Support ausgegeben. Zusätzlich stehen Mittel aus den Förderprogrammen “Gute Schule 2020” und dem “Digitalpakt” zur Verfügung.

Gleichzeitig offenbart der Medienentwicklungsplan (unter Punkt 3.3) aber auch, dass in den Förderprogrammen “nur” die Beschaffung von digitaler Infrastruktur gefördert wird und nicht den dadurch bedingten personellen Aufwand. Damit jedoch Neuanschaffungen nicht zu elektronischen Leichen werden, da sie nicht zeitnah eingerichtet und gewartet werden sowie Lehrerinnen und Lehrer nicht zeitnah ausgebildet werden, sie zu benutzen und zu lehren, muss es hier eine bessere finanzielle Ausstattung der Kommunen durch das Land geben, damit strukturell Mittel für eine konsistente und sinnstiftende Bildungsdigitalisierung vorhanden sind. Folglich muss die CDU/FDP-Landesregierung die Kommunen finanziell besser ausstatten, um die berechtigten Forderungen umzusetzen. So will die Landesregierung die Digitalisierung der Schulen nach einem am vergangenen Freitag vorgestellten Papier mit Vorschlägen zur Stärkung von Konjunktur und Wachstum durch Ausbau der Infrastruktur (Breitband und 5G) und Ausstattung mit Software und Endgeräten deutlich beschleunigen. Es wird angestrebt, gemeinsam mit den Kommunen die Schulen in die Lage zu versetzen, alle Lehrerinnen und Lehrer und alle Schülerinnen und Schüler, deren Familien die finanziellen Mittel hierfür fehlen, mit digitalen Endgeräten und geeigneter Software auszustatten. Zusätzliche Mittel sollen auch für einen professionellen IT-Service in den Schulen bereitgestellt werden.

Damit eine digitalisierte Schullandschaft Realität werden kann, muss die digitale Infrastruktur umstrukturiert werden. Grundlegend ist die Forderung nach IT-Experten, die im Auftrag des Schulträgers die Gerätewartung, die Netzwerkpflege und die Erweiterung der digitalen Infrastruktur vornehmen. Doch nicht nur die weiterführenden Schulen, sondern auch die Grundschulen dürfen sich hier nicht selbst überlassen werden.

Eine eigene Cloudlösung für jede Schule ist zwingend notwendig, damit digitale Bildung datensicher ermöglicht wird. Alle Schulen in Remscheid sollten das gleiche Cloudsystem verwenden, um den Wartungs- und Kostenaufwand realistisch zu halten. In diesem Zusammenhang erbitten wir einen Bericht über den Einsatz der digitalen Arbeits- und Kommunikationsplattform LOGINEO, die bereits viele notwendige Module beinhaltet. So gehört zu LOGINEO eine Verwaltungscloud; ein pädagogisches Cloud-Modul wird derzeit entwickelt. Auch erste digitale Schulbücher sowie Suchfunktionen für Lernmittel, Fortbildungen und außerschulische Lernorte sollen in künftigen Versionen integriert werden.

Neben der technischen Seite der Bildungsdigitalisierung muss es ein breites Digitalisierungskonzept geben, in dem die Notwendigkeit nach Aufklärung und lebenslanges Lernen abgebildet wird. Nicht nur Schülerinnen und Schüler, sondern auch ihren Eltern sollten zentrale Beratungen zu zum Beispiel dem “richtigen Startzeitpunkt” der Handynutzung oder “Cybermobbing” angeboten werden.

Nur auf Basis einer guten digitalen Infrastruktur flankiert durch ein Digitalisierungskonzept kann ein Beitrag zur allgemeinen Medienkompetenz an Schulen wie in der Stadtgesellschaft geleistet werden.

Mit freundlichen Grüßen

gez. Sven Wolf MdL
Fraktionsvorsitzender

gez. Beatrice Schlieper
Fraktionssprecherin

gez. Wolf Lüttinger
Vorsitzender der Ratsgruppe

Antrag: Digitalisierung an Remscheider Schulen voranbringen

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