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Rechenschaftsbericht der Ratsgruppe

Kreisparteitag am 10. April 2019
Redemanuskript des Vorsitzenden Wolf Lüttinger

Anrede,

hinter uns liegen themenreiche Wochen, die mit der Sondersitzung des Rates am morgigen Donnerstag zum DOC vorerst ihr Ende finden.

Viel Lärm gibt es um den Verkauf der Böker-Villa. Seit dem Herbst des vergangenen Jahres liegen uns bereits die Angebote zweier Investoren vor, die im Rahmen des Interessenbekundungsverfahrens für diese Fläche eingegangen sind. Dabei handelt es sich um zwei Konzepte, die sich inhaltlich sehr gleichen, aber hinsichtlich des gebotenen Kaufpreises sehr weit auseinander liegen. Als Rat mussten wir uns für das höhere Kaufpreisangebot entscheiden. Ansonsten hätten wir uns zurecht die Veruntreuung städtischen Vermögens vorwerfen lassen müssen.

Die Aufhebung des Interessenbekundungsverfahrens, wie es die CDU forderte, kam für uns nicht in Betracht. Es wäre nicht nachvollziehbar, wenn die Stadt ein Gebäude vermarkten möchte, hierfür Angebote einholt und der Rat später jedoch das ganze Verfahren aufhebt, weil ihm das Ergebnis nicht passt und er lieber das deutlich geringere Kaufpreisangebot vorziehen will. Damit hätten wir dem Standort Remscheid nachhaltigen Schaden zugefügt. Wir müssen vielmehr für potenzielle Investoren ein verlässlicher Partner bleiben, wenn wir als Standort interessant sein wollen.

Die Entscheidung, die Böker-Villa an den Höchstbietenden veräußern zu wollen, ist allerdings kein Votum gegen die Arbeit der Gründerschmiede, die Räume von dem unterlegenen Investor anmieten wollte. Die Gründerschmiede bietet Beratung, Netzwerke und Events für Unternehmensgründer und solche, die es werden wollen, und damit ein Angebot, das Remscheid in dieser Form ansonsten nicht hat. Es ist absolut nachvollziehbar und richtig, dass die Gründerschmiede ihre Infrastruktur professionalisieren und in einer geeigneten Immobilie einen Raum für Co-Working bieten möchte. Wir haben daher die Verwaltung außerdem beauftragt, in den Verhandlungen über den Kaufvertrag ein Mietverhältnis zwischen Investor und Gründerschmiede zu vermitteln. Aus unserer Sicht handelt es sich dabei um eine Chance für die Beteiligten, die hoffentlich genutzt werden kann. Für den Fall, dass dies nicht funktionieren sollte, haben wir die Verwaltung beauftragt, die Gründerschmiede bei der Suche nach anderen Räumlichkeiten zu unterstützen.

Um Flächen für Unternehmen geht es auch bei der Diskussion um die Planung von Gewerbeflächen. In der letzten Ratssitzung des vergangenen Jahres hat der Rat mit einer Mehrheit von SPD, Grünen, FDP und Wählergemeinschaft endlich die Bauleitplanung für das Gleisdreieck Bergisch Born als interkommunales Gewerbegebiet auf den Weg gebracht. Neben der Entwicklung von Brachflächen benötigen wir dringend neu ausgewiesene Gewerbegebiete, um den Remscheider Unternehmen, die sich weiterentwickeln wollen, eine Perspektive am Standort Remscheid zu bieten und damit Arbeitsplätze in Remscheid zu sichern.

Leider ist es wieder die CDU-Fraktion, die sich gegen die Interessen von Unternehmen und Beschäftigten in Remscheid stellt. Der eine Teil der CDU möchte lieber ein Gewerbegebiet an der „Blume“ in Lüttringhausen planen, der andere Teil der CDU ist zwar gegenüber einem Gewerbegebiet im Gleisdreieck weniger zurückhaltend, hat aber auch nicht für die Planungen gestimmt.

Jeder, dessen Gedächtnis wenigstens zehn Jahre zurückreicht, weiß, dass ein Gewerbegebiet an der „Blume“ zum jetzigen Zeitpunkt unrealistisch ist: Es befinden sich keine nennenswerten Flächen im Eigentum der Stadt, die Eigentümer sind nicht verkaufsbereit, der Bebauungsplan ist vom Oberverwaltungsgericht kassiert worden, und die Entwässerungsfrage ist nicht geklärt. Wer Gewerbe an der „Blume“ ansiedeln möchte, der wird in nächster Zukunft keine neuen Gewerbeflächen in Remscheid erschließen können. Deswegen ist es auch gleichgültig, ob sich innerparteilich die Kötter-CDU mit ihrer Forderung nach der „Blume“ oder die Nettekoven-CDU mit ihrer vorsichtigeren Ablehnung des Gleisdreiecks durchsetzt: Für Remscheid bleibt in dieser Frage unter dem Strich nichts, wenn es nach der derzeit größten Fraktion im Rat geht. Wir als FDP setzen auf die Realisierung eines Gewerbegebiets im Gleisdreieck, damit Remscheid seinen Unternehmen wieder attraktive Flächen bieten kann und wir den Wegzug der Betriebe in andere Kommunen aufhalten können.

Anrede,

in der eingangs erwähnten Sondersitzung wird sich der Rat mit einer neuen Verträglichkeitsanalyse für das Designer Outlet Center auseinandersetzen. Die Stadt Remscheid hat diese neue Analyse der Auswirkungen des DOC auf die umliegenden Bereiche in Auftrag gegeben, um mehr Rechtssicherheit in den gerichtlichen Verfahren zu bekommen. Auch die neue Analyse kommt zu dem Schluss, dass das DOC mit unserem örtlichen Einzelhandelskonzept wie auch mit der Landesplanung im Einklang steht und vor allem keine negativen Auswirkungen auf die zentralen Versorgungsbereiche im Umkreis haben wird. Damit sind zumindest die planungsrechtlichen Schritte der Stadt für das DOC abgeschlossen.

Die Verwaltung muss sich jetzt endlich auf die Aufgaben konzentrieren, die in den vergangenen Jahren – auch wegen der DOC-Planungen – liegen gelassen wurden. Dazu gehört neben den erwähnten Gewerbeflächen auch die Schaffung neuer Wohnbauflächen. Zu einem attraktiven Standort gehört neben den Arbeitsplätzen natürlich auch ausreichender Wohnraum. Solche Defizite können wir auch mit unserem Engagement auf anderen Feldern wie Bildung, Kultur, Sport, Freizeit, Einzelhandel, Verkehr nicht wettmachen. Höherwertige Mietwohnungen, Eigentumswohnungen oder Einfamilienhäusern wie auch sozialer Wohnungsbau fehlen weiterhin in unserer Stadt.

Vor dem Hintergrund der nach oben korrigierten Bevölkerungsvorausberechnung besteht zusätzlicher Bedarf an Wohnraum. Die Bezirksregierung hat die Kommunen daher unlängst dazu aufgerufen, den möglichen städtischen Beitrag zur regionalen Entwicklung des Wohnraums zu benennen. Die Stadt Remscheid hat daraufhin lediglich Potenziale der Innenentwicklung aufgeführt, also Nachverdichtungen und Beseitigung von Leerständen, aber keine neuen Wohnflächenbereiche. Dies ist auch nicht notwendig, denn wir haben immer noch Flächen, die im Regionalplan bereits für Wohnbebauung hinterlegt sind, aber von der Stadt Remscheid noch nicht genutzt werden, beispielsweise die Flächen an der Knusthöhe. Als FDP werden wir weiterhin Druck machen, damit Remscheid seine Potenziale für mehr Wohnraum endlich verstärkt nutzt.

Anrede,

über die Alleestraße, besonders über die untere Alleestraße, wird schon seit vielen Jahren diskutiert. Wir scheinen jetzt endlich an dem Punkt, dass eine Mehrheit im Rat bereit ist, sich mit der langfristigen Perspektive der Alleestraße auseinanderzusetzen und konsequent umzudenken.

In den vergangenen Monaten setzte sich die Politik wieder mit der Öffnung der Alleestraße für den Autoverkehr auseinander, wie sie der Städtetester Klotz vor über fünfzehn Jahren vorgeschlagen hat. Wir als FDP waren damals die erste Fraktion, die eine solche Öffnung befürwortete und beantragte. Das Vorhaben scheiterte an dem erbitterten Widerstand in der CDU-Fraktion. Es ist ein Treppenwitz dieser Geschichte, dass ausgerechnet diese CDU jetzt eine Öffnung durchsetzen wollte.

Damals hätte eine solche Öffnung für den Autoverkehr eine Belebung für den Handel bewirken können. Doch mittlerweile haben sich die Rahmenbedingungen und die Lage der unteren Alleestraße selbst dramatisch geändert. So lag beispielsweise der Umsatz des Online-Handels in dem Jahr, als der Städtetester Klotz durch die Alleestraße ging, bei drei Milliarden Euro. Heute liegt er bei fast 60 Milliarden Euro. Die Auswirkungen dieser Entwicklung sehen wir in unserer Einkaufsstraße. Wir müssen den Strukturwandel im Einzelhandel endlich zur Kenntnis nehmen und uns nicht nur auf kosmetische Verbesserungen oder sogar Verschlimmbesserungen beschränken.

Wir müssen als Stadt Remscheid vielmehr daran arbeiten, der unteren Alleestraße eine zukunftsfähige Funktion zuzuweisen. Deshalb setzen wir uns dafür ein, ein Sanierungsgebiet in der Alleestraße einzurichten, um die städtebaulichen Strukturen weiterzuentwickeln und den Zugang zu Fördergeldern zu eröffnen. Andere Nutzungen aus den Bereichen Dienstleistungen, Gastronomie, Kultur, Freizeit und Sport und insbesondere der Wohncharakter der Alleestraße könnten gestärkt werden. Diesem Ziel wäre übrigens eine Öffnung für den Autoverkehr zuwidergelaufen, denn den Anwohnern wären Freiräume in dieser ohnehin dichten, kompakten Bebauung ohne Grünflächen genommen worden. Hinzu wären die notwendigen Investitionen und Planverfahren gekommen. Deshalb gilt für uns der Leitsatz: Erst die Funktion der Alleestraße und dann die richtige verkehrliche Erschließung.

Anrede,

mit großer Mehrheit beschloss der Rat den Doppelhaushalt für die Jahre 2019 und 2020. Mit der Sanierungsarbeit der vergangenen Jahre haben wir uns Freiräume erarbeitet, die wir für politische Gestaltung nutzen konnten. So haben wir uns als FDP erfolgreich dafür eingesetzt, den Gastspieletat des Teo Otto Theaters um weitere 50.000 Euro zu erhöhen, um das Programm noch attraktiver zu gestalten. Im Jahr 2016 lag der Etat noch bei rund 330.000 Euro, ab dem nächsten Jahr wird er bei rund 450.000 Euro liegen. Wir konnten außerdem das Betreuungsangebot der Offenen Ganztagsgrundschulen als wichtigen Baustein bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf wie auch der Förderung von Kindern stärken. Die zusätzlichen Zuschüsse an die Träger der Offenen Ganztagsbetreuung sind ein Beitrag, um die personelle Ausstattung der Ganztagsbetreuung zu stabilisieren. Die versprochene Senkung des Hebesatzes der Grundsteuer B von 640 auf 620 Prozent setzen wir um.

Wir als Freie Demokraten sehen uns in der Rolle, die solide Haushaltspolitik der vergangenen Jahre fortzuführen. Dies ist umso notwendiger, da die Haushaltsrisiken unverändert bestehen. Es ist deswegen richtig, dass die Einnahmeerwartungen aus der Gewerbesteuer gegenüber dem Entwurf nach unten angepasst wurden. Auch die Liquiditätskredite in Höhe von 585 Millionen Euro bergen ein hohes Haushaltsrisiko. Jeder kann sich ausrechnen, dass ein Zinsanstieg alleine in der Lage wäre, den städtischen Haushalt wieder ins Minus zu befördern. Wir setzen dabei auch auf das Land Nordrhein-Westfalen, das seinen Signalen hoffentlich auch Taten folgen lässt und die Kommunen dabei unterstützt, das Risiko von steigenden Zinsen zu begrenzen.

Wir als Freie Demokraten werden weiter dafür arbeiten, einerseits den Haushaltsausgleich zu stabilisieren und die Schuldenlast abzutragen und andererseits zu investieren, um Remscheid weiter attraktiver zu gestalten.

Anrede,

am Ende meines Rechenschaftsberichts möchte ich mich für die gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit herzlich bei meinen Kolleginnen und Kollegen in der Ratsgruppe und beim Kreisverband mit Torben Clever als Vorsitzenden bedanken. Ich freue mich besonders darüber, dass im vergangenen Jahr mehrere junge Parteifreunde den Weg in die kommunalpolitische Arbeit gefunden haben. Das ist sicherlich ein gutes Zeichen für die Kommunalwahl, die wir im nächsten Jahr bestreiten, und für die Arbeit in der nächsten Wahlperiode. Wir übernehmen gerne Verantwortung in Remscheid, und wir werden dafür kämpfen, dass wir weiterhin die Möglichkeit haben, in dieser Stadt mitzugestalten.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

Presseinformation: Rechenschaftsbericht der Ratsgruppe

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