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Sachstand Digitalisierung

Das Leben ist schon kompliziert genug. Da wäre es schön, wenn die Stadtverwaltung es den Menschen und Unternehmen möglichst einfach macht. Eine konsequente Digitalisierung würde Zeit, Nerven und Behördengänge sparen. Im besten Fall sollten Bürgerinnen und Bürger nur noch im absoluten Ausnahmefall persönlich im Amt erscheinen müssen.

Wir wollen eine moderne und bürgerfreundliche Verwaltung im digitalen Zeitalter. Deswegen wollen wir von der Stadt wissen, wo wir mittlerweile stehen. Über die NRW-Portale meineverwaltung.nrw und service.wirtschaft.nrw können Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen bereits viele kommunale Online-Services abrufen. Wer in Remscheid etwas beantragen möchte, ist da immer noch zu oft auf Papier angewiesen. Hier unsere Anfrage:

Anfrage für die Sitzung des Hauptausschusses und Ausschusses für nachhaltige Entwicklung, Digitalisierung und Finanzen am 9. Juni 2022

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

wir bitten um Beantwortung der folgenden Fragen zur Sitzung des Hauptausschusses und Ausschusses für nachhaltige Entwicklung, Digitalisierung und Finanzen am 9. Juni 2022

Digitale Modellregionen in NRW

  • Welcher Sachstand besteht hinsichtlich der Einrichtung eines Serviceportals mit digitalen Dienstleistungen als ein Ergebnis des Projekts?
  • Ist es gelungen, die betreffenden Prozesse (Digitalisierung analoger Eingangspost, digitale Aktenführung, digitale Bezahlmöglichkeit, digitale Bescheidung und digitale Langzeit-Archivierung im Stadtarchiv) organisatorisch und technisch zu realisieren?
  • In welcher Weise wird die „Remscheid App“ mit zusätzlichen Services weiterentwickelt?
  • Wie stellt sich der Zeitplan für die sukzessive Einführung eines Dokumentenmanagementsystems einschließlich eines digitalen Aktenplans für die Gesamtverwaltung dar?
  • Wann und in welchen Bereichen werden elektronische Fall-Akten in der Verwaltung eingeführt? Wann wird dies in der Gesamtverwaltung der Fall sein?
  • Wie stellt sich der Sachstand hinsichtlich der möglichen Einführung von (dezentralen) Abholstationen für Personaldokumente und von Bürgerterminals dar?
  • Wie stellt sich der Sachstand hinsichtlich einer Smart City-Strategie für die Stadt Remscheid, deren Entwicklung verpflichtend für die Teilnahme am Förderprogramm „Digitale Modellregionen in NRW“ gewesen ist, dar?

Serviceportal meineverwaltung.nrw

  • Welche städtischen Dienstleistungen können über das Serviceportal www.meineverwaltung.nrw beantragt werden?
  • Wann werden sämtliche städtischen Dienstleistungen, die digital über das Serviceportal www.meineverwaltung.nrw angeboten werden können, dort verfügbar sein? Wie stellt sich der Zeitplan für die Einführung der restlichen digitalen Services dar?
  • Hat die Stadt Remscheid bereits Dienstleistungen, die aus ihrer Sicht mit der Nutzung der Experimentierklausel von Formvorschriften ausgenommen werden sollten, identifiziert?

Wirtschafts-Service-Portal.NRW

  • Welche städtischen Dienstleistungen können über das Wirtschafts-Service-Portal.NRW (https://service.wirtschaft.nrw/) beantragt werden?
  • Wann werden sämtliche städtischen Dienstleistungen, die digital über das Wirtschafts-Service-Portal.NRW angeboten werden können, dort verfügbar sein? Wie stellt sich der Zeitplan für die Einführung der restlichen digitalen Services dar?

Digitale Gremienarbeit

  • Wann endet für die Ratsmitglieder der Übergangszeitraum mit der Nutzung der Mandatos-App einerseits und des gleichzeitigen, unveränderten Papierversands der Unterlagen andererseits?
  • Wie viele Ratsmitglieder haben sich bisher für die Nutzung der Mandatos-App gemeldet, bevor die digitale Form der Versendung künftig zum Standard werden und die Zustellung in Papierform nur noch auf persönlichen Wunsch erfolgen wird?
  • Wann können die Mitglieder der Bezirksvertretungen, der Beiräte und des Integrationsrats sowie die sachkundigen Bürgerinnen und Bürger sowie sachkundigen Einwohnerinnen und Einwohner die digitale Gremienarbeit mittels der Mandatos-App nutzen?
  • Bevorzugte die Stadt Remscheid aus finanzieller und organisatorischer Sicht einen Zuschuss an die Mandatsträgerinnen und Mandatsträger zur Anschaffung eines digitalen Endgeräts oder die Anschaffung von stadteigenen Geräten, die den Mandatsträgerinnen und Mandatsträgern zur Nutzung im Rahmen ihrer Tätigkeit überlassen werden?

IT-Sicherheit für die Stadt Remscheid

  • Nimmt die Stadt Remscheid Leistungen des Kommunalen Warn- und Informationsdienstes (KWID) in Anspruch?
  • Können die Leistungen des Dienstes in die bestehende Kooperation mit der Stadt Wuppertal integriert werden?

Begründung:

Wir wollen die Potenziale der Digitalisierung nutzen und die Verwaltung einfacher, schneller und kundenfreundlicher und damit leistungsstärker machen. Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen nehmen war, wie ihr Alltag immer digitaler wird, und erwarten zu Recht, dass sie auch ihre Behördengänge zunehmend digital abwickeln können. Im besten Fall sollten Bürgerinnen und Bürger nur noch im absoluten Ausnahmefall persönlich im Amt erscheinen müssen. Fahrten zum Bürgeramt, lange Wartezeiten, unbesetzte Schalter, kundenunfreundliche Öffnungszeiten und unklare Zuständigkeiten würden der Vergangenheit angehören.

Ein Großteil der Diskussion um die künftige Organisation des Bürgerservice dreht sich jedoch derzeit um die Etablierung und Ausweitung bisheriger Verwaltungseinheiten. Statt überholte Verwaltungsstrukturen zu festigen, müssen wir vielmehr Mittel für das E-Government einsetzen. Mit der zunehmenden Digitalisierung und der Optimierung von Verwaltungsprozessen werden wir Bürokratie abbauen und Aufwendungen reduzieren können, doch zunächst müssen wir Investitionen schultern, um uns endlich entscheidend auf den Weg zu einer modernen, digitalen Verwaltung zu machen.

Wir als Freie Demokraten bekennen uns zur Stärkung der Quartiere. Sie sind das überschaubare, vertraute Umfeld, für die Menschen in Remscheid. Wir wollen in den Quartieren Beratungs-, Unterstützungs- und Teilhabeangebote zusammenführen und vermitteln sowie mehr Raum für gemeinschaftliche Nutzungen schaffen. Wer jedoch das klassische Bürgerbüro fordert, befindet sich auf einer Zeitreise in die 1980-er Jahre, denn diese Dienstleistungen wird die Stadt Remscheid künftig fast ausschließlich digital anbieten können. Zudem ist das Stadtgebiet nicht so groß, als das Rathaus oder das Ämterhaus nicht in einem überschaubaren Zeitraum für die im Regelfall seltenen Behördengänge erreicht werden können. Wer körperlich eingeschränkt und daher nicht mobil genug ist, dem hilft ein Bürgerbüro im eigenen Stadtbezirk auch nicht weiter, sondern für diese Fälle müssen andere, bürgernahe Möglichkeiten genutzt werden.

Bürgerbüros binden personelle Ressourcen, sind unflexibel und anfällig für Schließungen, während in größeren Einheiten wie dem Bürgerservice im Ämterhaus Personalausfälle aufgrund von Urlaub oder Krankheit leichter aufgefangen werden können. Dies schließt jedoch andere Angebote dezentraler Dienstleistungen nicht aus.

So hatte die Verwaltung auf Anfrage der Fraktionen von SPD, GRÜNE und FDP im Februar 2021 mitgeteilt, sie könne sich die Nutzung von Abholstationen für Personaldokumente und Bürgerterminals vorstellen und wolle diese Möglichkeiten in die bestehenden Planungen zur Digitalisierung einbeziehen. Mit solchen Einrichtungen könnten die Bürgerinnen und Bürger ihre Personaldokumente nicht mehr nur zu den Öffnungszeiten des Bürgerservices, sondern rund um die Uhr abholen. 

Wir möchten uns mit dieser Anfrage möglichst umfassend auf den aktuellen Stand hinsichtlich der Digitalisierungsprozesse bringen.

Zu 1.:

Das Bergische Städtedreieck nahm bis Ende des Jahres 2021 an dem Modellprojekt „Digitale Modellregionen NRW“ des Landes Nordrhein-Westfalen teil. Der Remscheider Beitrag bezog sich auf die Digitalisierung von Prozessen im Melde- und Standesamtwesen, insbesondere auf die Leistungen „Personenstandsurkunden“ (Standesamt) sowie „Meldebescheinigungen und -registerauskünfte“ (Bürgerservice).

Im Rahmen des Förderprojekts sollte zudem die folgende digitale Infrastruktur realisiert werden, um diese sukzessive in den Fachdiensten als Standard einzusetzen:
Prozessmanagement

Digitaler Aktenplan

Bürgerportal / Mitarbeitendenportal / Remscheid App

Dokumentenmanagementsystem / E-Akte

Die Teilnahme am Förderprogramm „Digitale Modellregionen NRW“ sah die Verwaltung als ersten Schritt zur Umsetzung einer E-Government-Strategie für die Stadt Remscheid. Der zweite Baustein zur gesamtstädtischen Digitalisierungsstrategie ist das Handlungsfeld Smart City. Mit der Smart-City-Strategie könnte die Digitalisierung der Daseinsvorsorge ganzheitlich betrachtet werden.

Zu 2.:

Im vergangenen Januar beschloss der Landtag das Gesetz zur Stärkung der medienbruchfreien Digitalisierung und schuf damit eine wichtige Rechtsgrundlage für die moderne digitale Verwaltung. Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen können künftig eine Vielzahl von Verwaltungsleistungen online beantragen. Anträge können über das Serviceportal www.meineverwaltung.nrw  gestellt werden. Ein persönliches Erscheinen oder das eigenhändige Unterschreiben von Formularen ist nicht mehr erforderlich.

Das neue Gesetz enthält eine Experimentierklausel. Zur Erprobung digitaler Arbeitsweisen in der Verwaltung können Ausnahmen von Zuständigkeits- und Formvorschriften durch das Land gemacht werden. Das E-Government-Gesetz räumt den Kommunen sogar ein Antragsrecht ein, damit sie aufgrund ihrer Erfahrungen mit den Bürgerinnen und Bürgern bestimmte Bereiche vorschlagen können.

Zu 3.:

Bereits im Mai 2021 gab das Land den Startschuss für das Wirtschafts-Service-Portal.NRW (https://service.wirtschaft.nrw/), ein umfassendes digitales Portal für die Wirtschaft mit einem Angebot von bislang 41 digitalen Services. Bis Ende 2022 sollen bis zu 350 wirtschaftsbezogene Verwaltungsleistungen zentral für die digitale Nutzung entwickelt und bundesweit zur Mitnutzung bereitgestellt werden. Das Land Nordrhein-Westfalen positionierte damit das bundesweit modernste Dienstleistungsportal für die Wirtschaft. Unter den Services befinden sich beispielsweise Genehmigungen für Straßenfeste, Sondernutzungserlaubnisse für Außengastronomie oder die Verlegung von Leitungen. Die Nutzung des Portals kann aus unserer Sicht einen echten Mehrwert für Unternehmen bedeuten, so dass auf diese Weise auch der Wirtschaftsstandort Remscheid gestärkt werden kann.

Seitens des Landes Nordrhein-Westfalen wird landesweit eine deutliche Steigerung der Online-Anträge festgestellt. Im Jahr 2019 gab es rund 6500 Online-Gewerbeanzeigen (An-, Um- und Abmeldungen), im Jahr 2020 kletterte die Zahl bereits auf 26.000. Für das darauffolgende Jahr wurde eine Verdopplung erwartet.

Zu 4.:

Die vergangene Ratssitzung hat offenbart, dass anscheinend viele Ratsmitglieder entweder nicht über die technischen Voraussetzungen für die digitale Gremienarbeit verfügen oder noch nicht willens sind, sich dieser Weiterentwicklung der Gremienarbeit zu stellen. Obgleich etwa der zweite Nachtrag für die Sitzungsunterlagen bereits am Freitagnachmittag, also fast eine Woche vor der Sitzung, per E-Mail versandt worden und über die Mandatos-App abrufbar war, wurde die späte Postzustellung, die erst nach dem Wochenende erfolgte, bemängelt. Auch die Papierstapel auf den Sitzungstischen erwecken zumindest den Eindruck, dass sich viele Ratsmitglieder noch ausgedruckten Unterlagen bedienen.

Es passt nicht zusammen, wenn die politischen Gremien die Digitalisierung der Arbeitsprozesse in der Verwaltung einfordern, aber selbst in ihrer Arbeitsweise in der Vergangenheit verharren. Wir sind vielmehr der Auffassung, der Rat macht sich in großen Teilen unglaubwürdig, wenn er sich den Chancen der Digitalisierung verschließt anstatt Vorbild und Impulsgeber zu sein. Zudem können finanzielle Einsparungen bei fortlaufendem Druck von Unterlagen nicht realisiert werden. Für die vergangene Ratssitzung wurden alleine für die Unterlagen der Ratsmitglieder rund 26.550 Papierseiten (ohne Einmalversendungen) bedruckt. Dies entspricht bei zurückhaltender Schätzung einer ausgestoßenen CO2-Menge von circa 200 Kilogramm.

Wir halten es für möglich, die Akzeptanz der digitalen Gremienarbeit unter den Ratsmitgliedern zu stärken, wenn die Stadtverwaltung die Anschaffung eines digitalen Endgeräts finanziell unterstützt oder ein Leihgerät überlassen wird. Im vergangenen Monat beschloss der Landtag eine Änderung der Gemeindeordnung, die eine entsprechende Änderung der Hauptsatzung nunmehr zweifelsfrei ermöglicht. So wird in der Gesetzesbegründung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass „die Gewährung eines Geldbetrages an die Mandatsträgerinnen und Mandatsträger für die Anschaffung oder Nutzung eines IT-Geräts für den digitalen Sitzungsdienst oder die Bereitstellung eines solchen IT-Geräts“ unter die angepasste Regelung in der Gemeindeordnung fallen.

Zu 5.:

Im vergangenen Februar startete das Land Nordrhein-Westfalen den Kommunalen Warn- und Informationsdienst (KWID). Mit dieser Zusammenarbeit auf dem Feld der IT-Sicherheit kann das Land dabei unterstützen, sensible Daten zu schützen und Bedrohungen aus dem Cyberspace wie Hackerangriffe zu bekämpfen. Letztlich kann dieser Dienst mehr Vertrauen von Bürgerinnen und Bürgern und von Unternehmen in die Sicherheit von Online-Verwaltungsleistungen bilden und damit die Akzeptanz der Digitalisierung stärken.

Mit freundlichen Grüßen

gez.                                                

Sven Chudzinski                          

Fraktionsvorsitzender    

Bild: Sfio Cracho / stock.adobe.com

   

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