Antrag der Gestaltungsmehrheit zur Sitzung der Bezirksvertretung 1 am 29. Mai 2012
Sehr geehrter Herr Bezirksbürgermeister,
für die Sitzung der Bezirksvertretung 1 am 29. Mai 2012 stellen die Fraktionen der Gestaltungsmehrheit – SPD, FDP und GRÜNE – folgenden Antrag.
Der Verbindungssteg zwischen der Bismarckstraße und dem Willy-Brandt-Platz am Hauptbahnhof Remscheid (Nordsteg) erhält in Würdigung des Lebenswerkes der langjährigen Stadtverordneten, Sozial- und Gesundheitspolitikerin und Trägerin des Bundesverdienstkreuzes am Bande, Frau Else Treichel, den Namen
Else-Treichel-Steg.
Begründung:
Else Treichel wurde am 29. Juni 1912 in Remscheid geboren. Sie entstammte einer Arbeiterfamilie. Ihre Tochter Doris Elke wurde 1944 im Alter von acht Jahren Opfer eines Bombenangriffes. Die Umstände dieses schmerzhaften Verlustes haben sie nach Ende des Krieges bewogen sich politisch zu engagieren, um daran mitzuwirken, dass eine Wiederholung der nationalsozialistischen Diktatur ausgeschlossen wird. Ihr Engagement galt dem Wiederaufbau demokratischer Strukturen in ihrer Heimatstadt.
Sie gehörte 1945 zu den Gründungsmitgliedern der SPD in Remscheid und wirkte zehn Jahre in mehreren Leitungsfunktionen mit. 1954 wurde sie Vorsitzende des Stadtkreisverbandes der Arbeiterwohlfahrt. Zuvor war sie von 1952 bis 1954 Vorsitzende der Remscheider Gliederung der sozialistischen Jugend „Die Falken“.
Dem Rat der Stadt Remscheid gehörte sie vom November 1952 bis zum Januar 1973 an. Als erste Frau wurde sie 1969 zur Vorsitzenden einer Ratsfraktion gewählt, nachdem sie bereits 1955 Mitglied des Fraktionsvorstandes der SPD wurde.
Eine schwerwiegende Erkrankung zwang sie 1973 zum Rücktritt von allen Ämtern. In Würdigung Ihrer Verdienste um die Bundesrepublik Deutschland verlieh Ihr der Herr Bundespräsident auf Vorschlag des Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen am 2. Januar 1974 das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.
Während ihrer kommunalpolitischen Tätigkeit arbeitete sie in mehreren Gremien des Rates mit, so war sie mehr als elf Jahre lang Vorsitzende des städtischen Krankenhausausschusses und wirkte gemeinsam mit dem ehemaligen Stadtdirektor Dr. Hans Potyka an der Projektierung eines neuen Krankhausstandortes in Lennep mit. Als Vorsitzende war sie ebenfalls im Jugendwohlfahrtsausschuss und im Gesundheitsausschuss tätig.
Sie vertrat die Interessen der Stadt Remscheid über mehrere Jahre auch im Verwaltungsrat der Stadtsparkasse und im Aufsichtsrat der damaligen Verkehrsbetriebe. Über 15 Jahre lang war sie Mitglied des Aufsichtsrates der Konsum-Genossenschaft in Remscheid und wirkte in diesem Gremium noch zwei weitere Jahre bis zu Ihrem generellen Ausscheiden aus politischen Ämtern mit, als die Konsum-Genossenschaften im Bergischen Raum zu einer Genossenschaft vereinigt wurden.
Von 1950 bis 1965 war Sie als Schöffin und Jugendschöffin am Amtsgericht Remscheid tätig. Der Rat der Stadt Remscheid würdigte ihre Verdienste um das Wohl der Gemeinde am 25. September 1964 mit der Verleihung der Bürgermedaille in Gold.
Oberbürgermeister Willi Hartkopf würdigte Else Treichel 1973 mit folgenden Worten: „Ihre persönliche soziale Einstellung wird von allen Fraktionen und Gruppen unserer Gesellschaft besonders hervorgehoben. Das Schicksal ging nicht sorgsam mit ihr um. So verlor sie bei dem Bombenangriff ihr 8-jähriges Töchterchen, das in ihren Armen verstarb. Ihr erster Mann verstarb nach langem Leiden an Tbc. In dieser Zeit hat sie durch Halbtagsbeschäftigung ihren Lebensunterhalt bestritten.“
Else Treichel wohnte bis zu Ihrem Tode am 31. Juli 1987 im Haus Freiheitstraße 4. Die zur Benennung vorgesehene Straße steht damit auch in räumlichem Bezug zu einer Persönlichkeit der Stadtgeschichte. Die vorgeschlagene Ehrung soll dazu beitragen, das Lebenswerk nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.
Mit freundlichen Grüßen
gez.
Ernst-Peter Wolf
Fraktionssprecher
gez.
Philipp Wallutat
Fraktionsvorsitzender
gez.
Beatrice Schlieper
Fraktionssprecherin
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