Die Freien Demokraten sprechen sich gegen die Ausgangssperre in Remscheid aus. Aus Sicht von Partei und Fraktion der FDP in Remscheid ist die Verhängung der Ausgangssperre unverhältnismäßig und voraussichtlich weitgehend wirkungslos.
Nach Auffassung der Freien Demokraten in Remscheid ist die Ausgangssperre ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Grundrechte der Menschen, denn die bestehenden Regeln sind ausreichend, wenn sie konsequent umgesetzt werden. Sven Chudzinski, Vorsitzender der Ratsfraktion, erklärt: „Wer Regeln aufstellt, muss sie auch kontrollieren können. Die Stadtverwaltung hat allerdings bereits erklärt, die nächtliche Ausgangssperre nicht durch den Kommunalen Ordnungsdienst kontrollieren zu lassen. Wenn der beginnende Ramadan aus Sicht der Stadtverwaltung tatsächlich ein wesentlicher Grund für die Ausgangssperre darstellt, so ist diese Überlegung nicht nachvollziehbar. In Gottesdiensten oder anderen religiösen Zusammenkünften gelten die Hygiene- und Abstandsregeln, eine Pflicht zum Tragen einer medizinischen Maske auch am Sitzplatz sowie die vorherige Anmeldung und die Erfassung der Kontaktdaten der Besucherinnen und Besucher. Sollten sich Menschen an anderen Orten oder im privaten Kreis treffen, so gelten sogar noch strengere Regeln. Die Regelungen sind also bereits ausreichend, sie müssen bloß durchgesetzt werden. Eine zusätzliche Ausgangssperre wird nichts bringen.“
Wenn gerade die abendlichen Treffen während des Ramadans ein Problem darstellen sollten, so sind aus Sicht der Freien Demokraten andere Maßnahmen denkbar, so Chudzinski: „Wir sind für sicheres Öffnen anstelle des Schließens. So kann die Teilnahme an solchen religiösen Treffen an einen tagesaktuellen Schnelltest mit negativem Ergebnis gekoppelt werden. Es hätte der Stadt gut zu Gesicht gestanden, ein gemeinsames Vorgehen der Kirchen und der anderen religiösen Gemeinschaften zu initiieren, wie dies etwa in Bielefeld der Fall gewesen ist. In Remscheid werden die Gottesdienste in St. Bonaventura in Lennep bereits an solche Schnelltests gebunden. Andere Kommunen haben Präsenzgottesdienste und andere religiöse Versammlungen in Präsenz untersagt, bevor die ganze Stadt mit einer Ausgangssperre überzogen wurde.
Nach Einschätzung des FDP-Fraktionschefs wird das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die politisch Handelnden weiter sinken, wenn leichtfertig Grundrechte eingeschränkt werden: „Wir sind dem Oberbürgermeister dankbar, dass er während der Pandemie insgesamt Maß gehalten und Maßnahmen abgewogen hat. Insbesondere war es richtig, Schulen und Kindertageseinrichtungen offen zu halten. Mit einer Ausgangssperre machen wir es uns jedoch zu einfach. Wer ernsthaft auf Testen und Impfen setzt, der kann nicht über 100.000 Menschen derart bevormunden. Vor allem Getestete und Geimpfte werden sich fragen, aus welchen Gründen sie in den eigenen vier Wänden bleiben müssen. Test- und Impfwillige werden mit einem solchen Vorgehen demotiviert. Wer sich abends oder nachts nach einem Arbeitstag allein an der frischen Luft bewegt, trägt nicht zum Infektionsgeschehen bei, sondern stärkt sein Immunsystem.“
Torben Clever, Kreisvorsitzender der FDP in Remscheid, sieht mit Blick auf die Planungen für das Bundesinfektionsschutzgesetz, das eine Ausgangssperre für Städte mit einem hohen Inzidenzwert vorsieht, keinen Grund, dieses Vorhaben bereits vorab in Remscheid umzusetzen: „In der Phase, in der das Versagen der Bundesregierung in der Pandemie offensichtlich wie nie zuvor geworden ist, will sich die Bundeskanzlerin und ihre Große Koalition in Berlin noch mehr Kompetenzen sichern. Der Bund soll seine Hausaufgaben machen und mehr Impfungen und mehr Tests ermöglichen. Pauschale Ausgangsbeschränkungen stellen einen starken Eingriff in die Grundrechte dar, ohne einen nennenswerten Beitrag zur Bekämpfung der Pandemie zu leisten.“
Der liberale Parteichef kann die Sorgen vieler Bürgerinnen und Bürger nachvollziehen und wünscht sich, einen gesellschaftlichen Dialog aufrechtzuerhalten: „Über einzelne Maßnahmen kann trefflich gestritten werden. Für viele Menschen steht ihre berufliche Existenz auf dem Spiel oder sie sorgen sich um die Entwicklung ihrer Kinder und Enkelkinder oder fühlen sich schlicht ungerechtfertigt eingeschränkt. Wir rufen Bürgerinnen und Bürger jedoch dazu auf, sich nicht von Rechtsextremen oder anderen undemokratischen Gruppen instrumentalisieren zu lassen. Wir sollten extremistischen Gruppierungen keine Möglichkeit geben, aus der gegenwärtigen Situation Profit für ihre Sache zu schlagen.“
Presseinformation: FDP spricht sich gegen Ausgangssperre aus
2 Kommentare
Stefan T.
20. April 2021 - 17:47… und warum unternimmt die Remscheider FDP dann nichts dagegen?
Siehe Wuppertal?
MfG
Philipp Wallutat
21. April 2021 - 11:47Der Entwurf des Bundesinfektionsgesetzes sieht eine Ausgangssperre zwischen 22 und 5 Uhr bei Städten mit einer 7-Tages-Inzidenz über 100 vor. Remscheid wäre also von dieser Regelung betroffen, und dies wahrscheinlich für eine längere Zeit. Wir als FDP werden gegen solche pauschalen Ausgangsbeschränkungen vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe klagen.
Alle Bürgerinnen und Bürger haben das Recht, vor dem Verwaltungsgericht gegen die Ausgangssperre in Remscheid zu klagen. Wir sehen die Ausgangssperren allerdings nicht nur aus rechtlicher Perspektive, sondern auch aus politischer Perspektive. Selbst wenn die Ausgangssperre nicht rechtswidrig sein sollte, so sind wir aus den genannten Gründen gegen eine solche Maßnahme. Diese Auseinandersetzung kann nicht vor den Gerichten, sondern muss im politischen Raum diskutiert werden. Daher haben wir gegenüber dem Oberbürgermeister klar Position bezogen.